Emotionsfokussierte Paartherapie (EFT)


In den 80er Jahren haben Susan Johnson und Leslie Greenberg die Emotionsfokussierte Paartherapie (EFT) entwickelt. Dabei haben sie sowie neurowissenschaftliche Erkenntnisse zur Emotionsregulation, als auch die Forschung von Gottman zur Paarinteraktion mit einbezogen. Die EFT verknüpft die bindungstheoretische Sicht der Paardynamik mit Konfliktinteraktionen und einer einfühlsamen Vorgehensweise.

Paarprobleme werden als Ausdruck einer Unterbrechung der Bindungsbeziehung verstanden. EFT richtet sich an Partner, deren Bindungsbedürfnisse verletzt wurden. Als Folge dieser Verletzungen finden sie keine Bindungssicherheit mehr und weisen bindungstypisches Protestverhalten auf, um. Darunter fallen Klagen, Streits und Vorwürfe.

Diese automatischen Verhaltensweisen werden oft unbewusst eingesetzt, um den Partner wieder tiefer in einer emotionale Bindung zu holen, was selten erfolgreich ist. Beide Partner werden direkt in ihren Bindungsbedürfnissen getroffen. Dies führt zu wachsender Frustration. Folglich verstärkt sich das negative Verhalten und es entsteht ein Teufelskreis.

Teufelskreis in einer Beziehung:

Partner 1Partner 2
Verfolger/in
Anklage, Vorwürfe
Vermeider/in
Rückzug, Verteidigung
Handlung:
Kritik, Abwertung
Handlung:
Schweigen
Primäre Emotion:
Angst vor Bindungsverlust
Primäre Emotion:
Gefühl von Wertlosigkeit
Sekundäre Emotion:
Wut, Enttäuschung
Sekundäre Emotion:
Taubheit
Bindungsbedürfnis:
Nähe zum Partner
Bindungsbedürfnis:
Akzeptanz durch den Partner
Negativer Interaktionszyklus

So funktioniert der Teufelskreis in einer Beziehung:

Verfolger/in wird in der primären Emotion verletzt. Eine sekundäre Emotion erfolgt und führt zu einer Handlung. Die Handlung verletzt die primäre Emotion des Partners (Vermeider/in). Dadurch wird eine sekundäre Emotion abgeleitet. Diese wiederum provoziert eine Handlung, welche die primäre Emotion der der Verfolger/in angreift.

Beispiel:

Anna hat das Gefühl, von Ben abgeschnitten zu sein. In ihr entwickelt sich eine schmerzliche Angst, Ben zu verlieren. Sie will mehr Kontakt und macht Ben deshalb Vorwürfe und kritisiert sein Verhalten.

Ben hat das Gefühl, Anna nicht geben zu können, was sie möchte. Er entwickelt ein Gefühl von Wertlosigkeit und Versagen. Um sich vor diesen schmerzlichen Emotionen zu schützen, zieht sich Ben weiter zurück.

So kann den Teufelskreis in der Beziehung durchbrochen werden:

Den Partnern ist oft nur die sekundäre Emotion bewusst zugänglich (z.B. Wut). Die dafür verantwortliche primäre Emotion sind der eigentliche Schlüssel für einen Ausbruch aus dem Zyklus. Gelingt es den Partnern, sich mit ihren primären Emotionen an den den anderen zu wenden, kann es zu einer Verbesserung kommen.

Emotionsfokussierte Paartherapie versucht nicht, den Partnern Problemlösetechniken beizubringen. Stattdessen geht es darum, Konflikte durch Kommunikation dauerhaft zu lindern. Die Partner sollen in Berührung mit ihren eigenen Bindungsbedürfnissen kommen.

Beispiel:

Während Anna in ihrem Streitmuster zu Ben sagte:

„Du bist nie da. Du interessierst dich nicht für mich.“

sagt sie statdessen

„Wenn du nach der Arbeit direkt an den Computer gehst, fühle ich mich abgeschnitten und weiß nicht, ob ich dir wichtig bin.“

Die zweite Version hat eine andere Wirkung auf die Emotionen von Ben. Statt in die Defensive zu gehen wird sein Fürsorgesystem angesprochen.

„Change Moments“ in EFT

Diese Momente werden als „Change Moment“ bezeichnet. Analysen zeigen, dass die nachhaltigste Veränderung in Paarkonflikten durch solche Momente entstehen. In diesen Situationen gehen die Partner das Risiko ein, den anderen mit ihren Bindungsbedürfnissen zu konfrontieren, was adaptive Prozesse auslöst. Die Qualität der Beziehung verändert sich. Es kommt nicht mehr zur Eskalation. In den Partnern wird die Fähigkeit gefördert, emotionale Unterstützung beim Partner zu suchen und sie zu geben.

Grundannahmen der EFT

  • Das grundlegende Bedürfnis in Paarbeziehungen ist das nach einer sicheren emotionalen Verbindung.
  • Die Suche nach Sicherheit wird nicht als Zeichen der Abhängigkeit, sondern von Gesundheit bewertet.
  • Eine sichere Verbindung zum Partner erleichtert die Auseinandersetzung mit externen Themen und Problemen.
  • Streit zwischen Partnern handeln von der emotionalen Bindung und Zugänglichkeit.
  • Verunsicherungen folgen dem typischen Muster eines Teufelskreises
  • Affektive Interaktion (z.B. Augenkontakt, Berührung,..) ist entscheidender als verbale Kommunikation

Ablauf der EFT

Lässt man den Teufelskreis ununterbrochen, verliert die Beziehung ihre Funktion als „sicherer Hafen“. Die Partner werden durch konstanten Stress zu Feinden uminterpretiert. Irgendwann wird eine Trennung als Erleichterung der Situation wahrgenommen.

Daher versucht EFT, Momente der Begegnung auf einer Bindungsebene herbeizuführen. Der Ablauf der Emotionsfokussierten Paartherapie führt die Partner in 3 Schritten an diesen Punkt:

Phase 1: Deeskalation

Das Paar erscheint bei der Paarberatung oft mit Alltagskonflikten und Fragen zur Beziehungsgestaltung. Im Rahmen des EFT-Modells werden hier sekundäre Emotionen wie Wut oder Enttäuschung präsentiert. Der EFT-Paarberater versucht zuerst, den zugrundeliegenden Teufelskreis zu identifizieren. Diese Perspektive wird den Partnern aufgezeigt. Es findet ein „Reframing“ statt: Der Streit wird als verzweifelte Suche nach Wiederherstellung einer engen Bindung umgedeutet. Vermeidung und Rückzug wird als Schutz vor Verletzungen interpretiert. Den Partnern wird erläutert, das ihre Motive verständlich sind, sie aber einen Teufelskreis bilden. Ohne das es gewollt ist, werden die Partner dadurch verletzt. Dieser Zyklus soll als gemeinsamer Feind verstanden werden, und nicht der Partner selbst. Die Partner werden dabei nicht kritisiert, sondern validiert. Um den Teufelskreis zu durchbrechen, werden die primären Emotionen erforscht. Sobald die Partner einen Zugang zur diesen Emotionen haben, ist die erste Phase abgeschlossen.

Phase 2: Bindung wiederherstellen

In der zweiten Phase liegt der Fokus darauf, Akzeptanz für die Erfahrungen und Bindungsbedürfnisse des anderen Partners zu fördern. Es ist ein Schlüsselmoment in der Emotionsfokussierten Paartherapie, wenn diese Akzeptanz für sich selber und den Partner ausreichend vorhanden ist. Die Partner werden aufgefordert, sich mit ihren Bedürfnissen und den daraus entstehenden Wünschen direkt an den anderen zu wenden. Auf diese Weise kann es zu dem zuvor beschriebenen „Change Moment“ kommen. Der Paarberater muss dabei darauf achten, dass das Gegenüber nicht in alte destruktive Muster fällt, sondern sich von emotional berühren lässt und darauf antwortet. Die Forschung hat gezeigt, dass es oft für den Vermeider einfacher ist, seine Position zu verlassen und den ersten Schritt zu gehen. Anschließend kann der Verfolger seine anklagende Haltung aufgeben und seine Verletzlichkeit zeigen. So können sich die Partner gegenseitig wieder mehr Sicherheit geben.

Phase 3: Neue Interaktion festigen

Haben solche „Change Moments“ in Phase 2 stattgefunden, beginnt Phase 3. Zu diesem Zeitpunkt hat sich die affektive Situation der Partner zueinander bereits grundlegend verändert. Es wurde die reale Erfahrung gemacht, dass der Partner auf die eigenen Bindungsbedürfnisse direkt geantwortet hat. Nun wird dieser Prozess gefestigt. Die Streitpunkt vom Anfang werden noch einmal aufgenommen. Auf der neuen Basis der Sicherheit werden sie noch einmal zusammen bearbeitet.

Rolle des Paarberater in der Emotionsfokussierten Paartherapie

Die Rolle des Paarberaters grenzt sich dabei von der Verhaltenstherapeutischen Paarberatung oder der Systemischen Paarberatung ab. Bei diesen Verfahren entspricht die Therapeutenrolle eher der eines Moderators. Bei der EFT ist sie die einer Bindungsperson, die maximales Verständnis für die emotionale Situation beider Partner zeigt. Der Paarberater erschließt mit Empathie die primären Emotionen der Klienten, validiert sie, und hilft den Partnern dabei, sie zu formulieren.

Wie wirksam ist Emotions- fokussierte Paartherapie?

EFT zählt zu den am besten empirisch bestätigten paartherapeutischen Verfahren. In den meisten Fällen ist sie den anderen Methoden vorzuziehen. EFT wird als Intervention z.B. Eltern kranker Kinder, Paaren mit Problemen bezüglich Sexualität oder Paaren mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund empfohlen.

Lesen sie den ausführlichen Artikel „Was bringt verhaltenstherapeutische Paarberatung?“